18.09.2017 - Die Aufnahmebereitschaft für Meinungsbekundungen politischer Akteure mag kurz vor der Wahl bei einigen Deutschen inzwischen erschöpft sein, doch in diesem Zeitfenster sind die Parteien oft am ehesten aus ihrer Deckung zu locken. Nachdem auf der Videospielmesse gamescom im August eine Diskussion zur "digitalen Spielkultur" stattgefunden hatte und Spielesoftware mehr Aufmerksamkeit bei der Legislative genießt als früher, wandte sich die Spiele-Autoren-Zunft (SAZ) jetzt auch in Sachen analoge Spiele an die Bundestagsfraktionen und wollte wissen, was zur Spieleförderung getan werden kann. So wurde danach gefragt, ob sich Gesellschaftsspiele in den Sammlungskatalog der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) aufnehmen lassen, was laut SAZ auch der Deutsche Kulturrat unterstützt. Außerdem forderte die Autorenzunft eine Gleichstellung von Spielen mit Büchern, Tickets für Kinos, Musikkonzerte und Theater sowie anderen Kulturgütern bei der zu entrichtenden Umsatzsteuer; auf die genannten Kulturangebote werden nur 7 % erhoben, auf Spiele dagegen die vollen 19 %.

Am schnellsten meldete sich Die Linke: Sie unterstützt die Aufnahme in die Nationalbibliothek, die bislang keine Pflichtexemplare von Spielen sammelt, und empfiehlt, zu prüfen, ob das Nürnberger Spielearchiv diese Tätigkeit für die DNB übernehmen könnte. Darüber hinaus fordert Die Linke, dass Bibliotheken Tantiemen für das Verleihen von Gesellschaftsspielen an die VG Wort abführen, wovon auch Spieleautoren profitieren würden. Die ermäßigte Mehrwertsteuer will die Partei auf alle Kulturgüter und damit auch auf Brettspiele ausdehnen.

Die Kollegen von Bündnis 90 / Die Grünen ließen verlauten, analoge Spiele seien ein "wichtiges Kulturgut", weswegen es "sicher sinnvoll" wäre, sie in die Nationalbibliothek aufzunehmen; man wolle eine diesbezügliche Änderung "gern prüfen". Bei der angestrebten Reform der Mehrwertsteuer mit dem Ziel, den "Wildwuchs" verschiedener Abgabenhöhen zu beseitigen, wolle man ebenfalls "gern prüfen", ob der Verkauf analoger Spiele in den fördergeeigneten Bereich der "sozialen, kulturellen und ökologischen Ziele" fällt. Somit legen sich die Grünen anders als Die Linke hier nicht auf eine Zusage fest.

Die dritte Rückmeldung stammt von der FDP: Sie unterstützt wie die anderen beiden Parteien die Aufnahme in die Nationalbibliothek, da sie analoge Spiele als Kulturgut von "hoher gesellschaftlicher Bedeutung" sehe; sie seien "Ausdruck der Vielfalt und der Freiheit des deutschen Kulturlebens, dessen Zugänglichkeit für die Menschen bewahrt werden" müsse. Außerdem erwähnen die Freien Demokraten den Vorschlag des Kulturrats, in dem es heißt, der "hohe Standard deutscher Spiele international" sei "beispielgebend", was auch Deutschlands Bedeutung als innovativen Kulturstandort unterstreiche. Entsprechend ist die FDP dafür, eine neue Spiele-Sammelrichtlinie und eine "bedarfsgerechte" Förderung der DNB zu prüfen. Bezüglich der Umsatzsteuer sprach die FDP die Kompliziertheit des jetzigen Steuersystems und den Bedarf einer deutlichen Vereinfachung an, wobei die Staatseinnahmen insgesamt stabil bleiben sollen; allerdings brauche man dafür "nicht zwingend weitere Sonderbehandlungen" etwa bei Spielen. Für derlei Steueränderungen bedürfe es "einer vertieften Diskussion und einer breiten politischen Übereinkunft", was erfahrungsgemäß "nur schwer zu erreichen" sei. (Ermäßigungen für Hotelbetreiber, im Zusammenhang mit der großzügigen Spende eines Hoteliers "Mövenpick-Steuer" genannt, hatten 2010 den Niedergang der Liberalen in der Wählergunst beschleunigt.) "Gegebenenfalls", so die Partei heute, könne bis zu einer solchen Übereinkunft eine umsatzsteuerliche Gleichstellung notwendig werden.

Seitens der CDU wurden Spiele ebenso als "Kulturgut mit hoher gesellschaftlicher Bedeutung" bezeichnet, das Menschen verbinde und Brücken schlage; deshalb stimme man dem Kulturrat zu und unterstütze den Vorschlag zur Aufnahme in die Nationalbibliothek. Eine Extrawurst bei der Mehrwertsteuer will die CDU Spielen jedoch nicht servieren, weil sie das Steuerrecht weiter komplizieren würde und man eben dies verhindern wolle.

Von der SPD war zu hören, analoge Spiele seien ein Jahrtausende altes Kulturgut, das unmittelbar mit dem menschlichen Dasein verbunden sei; die "natürliche Lust und die Freude am Spielen" sei eine "menschliche Konstante". Die Partei unterstütze die Initiative des Kulturrats, denn analoge Spiele seien "Werke mit großer gesellschaftlicher und kultureller Bedeutung", sie dienten der Reflexion und der Innovation, beflügelten die Phantasie und stärkten die soziale Gemeinschaft. Daher werde man ihre Aufnahme in den Sammlungskatalog der DNB "gerne prüfen" und auch klären, ob die Nationalbibliothek oder eine andere Einrichtung der optimale Aufbewahrungsort sei und welche Aufgaben – neben der Bewahrung des kulturellen Erbes – mit einer derartigen Sammlung verbunden sein sollten. Im Hinblick auf die Steuer werde sich die SPD dafür einsetzen, dass bei allen Kulturgütern ein ermäßigter Steuersatz anwendbar sei, wofür aber erst eine Überarbeitung der grundlegenden europäischen Mehrwertsteuer-Richtlinie auf europäischer Ebene erfolgen müsse.

Hier die Originalmeldung der SAZ.