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22.07.2019 – Rund 1.400 Neuheiten zählt die Essener SPIEL im Oktober – da ist es für die „Spiel des Jahres“-Jury fast ein Segen, dass nicht alle Neuerscheinungen gleich brillant sind. Favoriten kristallisieren sich oft schon früh heraus. Chancen auf den Hauptpreis haben Familien- und Erwachsenenspiele, die mit ihrer Idee, ihren Spielregeln, ihrem Material und ihrer grafischen Gestaltung überzeugen. Dreien ist dies wieder so gut gelungen, dass sie es in die Endauswahl schafften. An die Spitze setzte sich nun als 41. „Spiel des Jahres“ Just One von Ludovic Roudy und Bruno Sautter, erschienen bei Repos Production, das am Vormittag in Berlin ausgezeichnet wurde. Die Jury begründete die Entscheidung: „Just One ist insbesondere durch seine Einfachheit genial. Es sticht dadurch hervor, dass es einen ungemeinen Sog entwickelt: Wer es in der Öffentlichkeit spielt, wird schnell Schaulustige anziehen, die am liebsten gleich mitspielen wollen. Und das machen diese dann oft auch, denn die Einstiegshürde ist so niedrig, dass jeder sie problemlos überwinden kann. Ein Geistesblitz kommunikativer Spielfreude, der in jeder Runde einschlägt und einen bleibenden Eindruck hinterlässt.“ Auf den Plätzen landeten die ebenfalls nominierten Werwörter von Ted Alspach (Ravensburger) und L.a.m.a. von Reiner Knizia (Amigo). Mehr zum Sieger hier, inklusive Video. Eine Empfehlungsliste umfasst ein weiteres halbes Dutzend Spiele, die zwar nicht unter die besten Drei gelangten, aber nach Einschätzung der Jury ebenfalls zu empfehlen sind.

Als „Kennerspiel des Jahres“ für Menschen, die schon längere Zeit spielen und Erfahrung beim Erlernen neuer Spiele mitbringen, prämierte die Jury Flügelschlag von Elizabeth Hargrave, erschienen bei Feuerland, und begründete die Wahl wie folgt: „Brettspiele und Vogelkunde – also doppelt unsexy und angestaubt? Mitnichten! Flügelschlag präsentiert sich nicht mit zerzaustem Federkleid, sondern ist frisch und en vogue. Thematisch liebevoll und redaktionell sorgsam feingeschliffen: Hier hat Autorin Elizabeth Hargrave ein nahezu makelloses Gesamtkunstwerk geschaffen. Eingängige Spielmechanismen, ein schnörkelloser Ablauf und eine hohe Taktung wichtiger Entscheidungen machen Flügelschlag zu einem wahren Überflieger.“ Hier finden sich weitere Details und eine Videovorstellung. Der Gewinner setzte sich gegen die anderen Nominierten Carpe Diem von Stefan Feld (alea / Ravensburger) sowie Detective von Ignacy Trzewiczek, Przemysław Rymer und Jakub Łapot (Portal / Pegasus) durch. Auch hier gibt es eine Empfehlungsliste.

In der Vergangenheit hatte die Spielebranche durchaus Grund, mangelnde Aufmerksamkeit seitens der Politik anzumahnen. Umso erfreulicher war es, dass die Bundesregierung eine hochkarätige Vertreterin zur diesjährigen Zeremonie entsandte (der Weg war schließlich in der Hauptstadt nicht weit): Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien, ließ die Veranstaltung zwar erst mit Verzögerung starten, sprach dann aber ein umfangreiches Grußwort und überreichte die Sieger-Pöppel. Sie erwähnte, wie sehr das Spielen das menschliche Denken und Handeln bestimme, aber in der Politik selten diskutiert werde. Der Begriff „German Games“ stehe für hochwertige Spiele. Trotz großem digitalem Angebot gebe es einen regelrechten Boom des analogen Spiels, der auch dem Innovationsgeist der Branche zu verdanken sei. Spiele bedienten sich eines großen thematischen Reichtums und übten eine Gemeinschaft stiftende Kraft aus über soziale und andere Grenzen hinweg; sie förderten die Lust am Austausch und am integrativen Gruppenerlebnis. Fast immer werde Empathie belohnt, das richtige Einschätzen und Verstehen der Mitspieler. Digitale und analoge Spiele seien nicht Konkurrenten, sondern befruchteten sich gegenseitig. Auch die Ministerin sagte, sie möchte das haptische Spielerlebnis mit Würfeln & Co. nicht missen. Grütters erwähnte die Siedler von Catan, die mit 27 Mio. Exemplaren ein größerer weltweiter Verkaufsschlager gewesen seien als Patrick Süskinds Roman „Das Parfum“; das Spiel sei von einem amerikanischen Magazin als „Kokain der Brettspielszene“ bezeichnet worden und habe mit dem einst vielleicht etwas angestaubten Image der Brettspiele aufgeräumt. Aus Zeitgründen sei die Staatsministerin leider nur Gelegenheitsspielerin, schätze aber die Verdienste der Jury um den Stellenwert von Spielen als Kulturgut.

Das „Kinderspiel des Jahres“, Tal der Wikinger, war schon letzten Monat gekürt worden.
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Essen's SPIEL in October counts around 1,400 new releases - so it's almost a blessing for the "Spiel des Jahres" jury that not all new games are equally brilliant. Favorites often emerge early on. Games for families and adults with convincing ideas, rules, materials and graphic designs have a chance of winning the main prize. Three of them had done this well enough to make it into the final selection. This morning in Berlin, Just One by Ludovic Roudy and Bruno Sautter, published by Repos Production, took the lead as the 41th "Spiel des Jahres". The jury justified the decision: "Just One is ingenious especially because of its simplicity. It stands out because it develops a tremendous pull: anyone playing it in public will quickly attract onlookers who want to play along. And that's what they often do, because the entry barrier is so low that anyone can easily overcome it. It's a flash of communicative playfulness that makes its mark on every round and leaves a lasting impression." The further nominated Werewords by Ted Alspach (Ravensburger) and L.a.m.a. by Reiner Knizia (Amigo) had to concede defeat. More about the winner here. A list of recommendations contains another half dozen games which did not quite make the top three, but which are also recommendable according to the jury's assessment.  

As "Kennerspiel des Jahres" (connoisseur game of the year) for people who have been playing for some time and have experience in learning new games, the jury honoured Wingspan by Elizabeth Hargrave, published by Feuerland, and gave the following reasons: "Board games and ornithology - doubly unsexy and dusty? By no means! Wingspan does not present itself with a dishevelled plumage, but is fresh and en vogue. Thematically lovely and carefully editorially honed: author Elizabeth Hargrave has created an almost flawless work of art. Catchy playing mechanisms, a straightforward sequence and a quick succession of important decisions make Wingspan a true high flyer." Further details can be found here. The winner prevailed against the other nominees Carpe Diem by Stefan Feld (alea / Ravensburger) and Detective by Ignacy Trzewiczek, Przemysław Rymer, and Jakub Łapot (Portal / Pegasus). They are also accompanied by a list of recommendations.

In the past, the board gaming industry had good reason to accuse politicians of a lack of attention. Therefore it was all the more pleasing that the federal government sent a high-ranking representative to this year's ceremony (the distance was not too far in the capital, after all): Monika Grütters, Minister of State for Culture and Media, had the event started with a delay, but then spoke a comprehensive greeting and handed over the winners' trophies. She mentioned how much playing determines human thinking and acting, but how rarely it is discussed in politics. The term "German Games" stands for high-quality games, she said. Despite a large digital offering, there was a real boom in analogue games, which was also due to the innovative spirit of the industry. Games made use of a great thematic wealth and exerted a community-building power across social and other borders; they promoted the desire for exchange and an integrative group experience. Empathy, Grütters continued, was almost always rewarded in the form of the correct assessment and understanding of other players. Digital and analogue games were not competitors, but mutually beneficial. The Minister also said that she would not want to miss the haptic gaming experience with dice & co. She mentioned the game Settlers of Catan which, with 27 million copies, had been a bigger global bestseller than Patrick Süskind's novel "Perfume: The Story of a Murderer"; it had been described by an American magazine as the "cocaine" of the board game scene and had revamped the once somewhat dusty image of board games. Due to time constraints, Grütters told the audience, she was unfortunately just a casual player, but she appreciated the jury's work to further the status of games as cultural assets.

The "Kinderspiel des Jahres" (children's game of the year), Valley of the Vikings, had already been awarded last month.