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21.10.2020 – Ein Vielspieler-Titel in Reiner Stockhausens dlp-Verlag bedeutet für viele Spieler so etwas wie ein Pflichtblick, das muss man zumindest einmal angeschaut haben. Egal ob die Werke aus der Feder des Verlagschefs stammen oder von einem anderen Autor. In diesem Jahr gibt dlp mit Monasterium aus der Feder von Arve D. Fühler einmal mehr ein gehobenes Kennerspiel heraus. Andreas Becker von der spielbox hat mit dem Autor gesprochen.

 

 

Der Verlag bewirbt Monasterium mit einem innovativen Würfelmechanismus. Was steckt dahinter?

Arve D. Fühler: Nun, es geht in dem Spiel vor allem darum, wann ich nach dem Einsetzen der Würfel etwas nehmen kann und auf welche Aktion ich mich konzentrieren möchte. Jeder hat Würfel seiner und einer neutralen Farbe. Ich muss nach dem Würfeln alle gleichen Augenzahlen auf dem entsprechenden Feld auf dem Brett platzieren. Das Problem: Die neutralen Würfel darf sich auch jeder andere für seine Aktionen herausnehmen und kann sie also vor meiner Nase wegschnappen. Das macht einen Teil des Reizes für mich aus: Ich muss mich fragen, was brauche ich unbedingt. Auf dieser Basis kann ich taktieren und einen anderen Würfel gezielt hinlegen, um anderen Spielern etwas anzubieten, in der Hoffnung, sie zuerst zu dieser Aktion zu locken. So beginnen schon beim Einsetzen der Würfel Diskussionen, weil jeder versucht, die anderen ein bisschen zu manipulieren. Das mag ich.

 

Was mache ich dann mit den Würfeln?

Mit jedem Würfel, den ich nehme, kann ich eine Aktion ausführen. Am Anfang gibt es nur Basisaktionen, aber sobald ich Novizen in ein Kloster entsende, schalte ich auf meinem Spielertableau nach und nach weitere und zum Teil stärkere Aktionen frei, sodass ich immer mehr Einsetzmöglichkeiten bekomme. Das ist für mich der zweite Clou des Spiels. Ich muss mich fragen: Welche Taktik verfolge ich, worauf konzentriere ich mich? Das Timing spielt dabei eine unheimlich große Rolle. Ein ganz entscheidender Punkt in einer Partie: Wann muss ich meinen Gesandten auf dem Weg nach vorne ziehen? Ihn brauche ich, um überhaupt Novizen in ein Kloster zu setzen. In welchen Bereich eines Klosters setze ich meine Novizen? In die Gebäude? Die brauche ich, um später Novizen auf den Kreuzgang zu setzen. Oder doch lieber in die Kapelle, damit ich Zugriff auf die Kirchenfenster habe, mit denen ich an meinem Dom baue? So ergeben sich sehr, sehr viele Dilemmata. Das macht für mich den Gesamtreiz aus.

 

Wo ist Monasterium vom Anspruch zu verorten?

Von der Regelkomplexität und der Verzahnung würde ich es im oberen Kennerbereich ansiedeln. Mehr muss auch nicht sein. Ich bin kein Freund von Experten-Spielen, bei denen es für jeden Zug noch Extraregeln gibt.

 

Wir befinden uns in einem mittelalterlichen Kloster. War das bei Beginn der Entwicklung schon so?

Ganz am Anfang spielte alles im Mittelmeerraum, das war aber noch ein ganz grober Prototyp. In dem Stadium habe ich allerdings schon gemerkt: Der Mechanismus funktioniert wirklich gut. Ich bin dann ganz pragmatisch vorgegangen. Ich hatte von einem anderen Prototypen Material zur Verfügung, das ich selbst gebaut hatte und nun genutzt habe: Mauern, Pagoden, Wachtürme. Somit spielte plötzlich alles in China und hieß „Chángchéng“. Aber ich muss auch zugeben: So viele Spielsteine aus Holz sprengen schnell die Kosten. Dass es nun ein Kloster geworden ist, war die Entscheidung von Reiner Stockhausen. Ich finde aber, es passt, was auch an den Illustrationen von Dennis Lohhausen liegt. Ein Spiel ist ja auch immer eine Projektionsfläche für die eigene Geschichte, die man mit dem Spiel erlebt.

 

Wie nähern Sie sich neuen Spielen?

Nun, ich komme weniger über die Geschichte oder ein bestimmtes Thema, sondern mehr über ein bestimmtes Gefühl. Es geht mir um die Emotionen, die ich am Tisch erzeugen möchte. Und ich muss dazu sagen: Ich liebe Würfel. Ich hatte bei Monasterium einfach ein bisschen herumprobiert und dann schnell das vage Gefühl gehabt, einen Mechanismus gefunden zu haben, der ein Spiel trägt.

 

Wann haben Sie Reiner Stockhausen das Spiel vorgestellt?

Das war auf der SPIEL ‘18, damals wollten gleich mehrere Verlage Prototypen des Spiels behalten und ansehen. Aber schon eine Woche nach der Messe meldete sich Reiner bei mir und sagte, ihm mache das Spiel so viel Spaß, er wolle es haben. Das ist natürlich ein Erfolg. Als Autor hoffst du ja immer, einen Verlag zu finden. Ich bin ja nur nebenher als Autor tätig. Und es ist ein schönes Gefühl, dass Monasterium von vielen Spielern mit Freude erwartet wird. Ich mag es, wenn Menschen durch Spiele zusammenkommen, sich vielleicht ein bisschen das Hirn verzwirbeln, dabei Spaß und eine gute Zeit haben.

 

Mögen Sie noch einen Ausblick auf 2021 geben und was da von Ihnen veröffentlicht wird?

Bei Rio Grande Games ist ein Familienspiel mit dem Titel Glory Island geplant – ein kleines, aber feines taktisches Workerplacement-Spiel, das mit einem Kartenmechanismus gesteuert wird und im Piraten-Genre verankert ist. Allerdings weiß ich noch nicht, ob das Spiel auch auf Deutsch erscheinen wird, aber ich gehe mal stark davon aus. Mein Prototyp „Capone City“ ist bei Funtails in Arbeit. Es ist ein weiteres Spiel auf Kennerspielniveau von mir. Auch bei Board Game Circus liegt noch ein schöner Prototyp, der demnächst in die redaktionelle Bearbeitung geht. Im Frühjahr wird es dann mal wieder ein kleineres Spiel von mir geben. Ein Kartenspiel, das von seinem Kernmechanismus auf einem Kartenspiel-Klassiker basiert – dazu möchte ich noch nicht so viel verraten, aber auf dieses Spiel freue ich mich besonders. Und bei Queen Games ist eine Neufassung von El Gaucho geplant – natürlich mit Erweiterungen, die schon lange bei mir in der Schublade liegen. Es bleibt also spannend.