13.10.2020 – Mit einem ungewöhnlichen kooperativen Familienspiel wartet KOSMOS zur Spiel.digital auf: Switch & Signal. Das Spiel stammt vom US-Amerikaner David Thompson. KOSMOS hatte es bereits zum Journalistentag im September vorgestellt – und das Spiel kam gut an. Gemeinsam versuchen zwei bis vier Lokomotivführer, ihre Züge in vier großen Städten zu beladen und die Waren schließlich in Europa nach Marseille beziehungsweise in den Staaten nach New York und San Francisco zu transportieren. Das gelingt nur mit guter Absprache – und etwas Würfelglück. Andreas Becker hat mit David Thompson gesprochen.

Wie kamen Sie auf die Idee zu Switch & Signal?

David Thompson: Der erste Gedanke war, dass ich ein Spiel für meine Eltern entwickeln wollte. Sie mögen Familien- oder Gateway-Spiele, sie mögen das Thema Züge und haben auch selbst eine Modelleisenbahn. Ich wollte auch unbedingt, dass es kooperativ wird, damit sie dieses besondere Spielgefühl einmal erleben können.

 

Wenn Ihre Eltern eine Modelleisenbahn hatten, haben Sie doch auch sicherlich damit gespielt.

Genau so war es. Mein Vater hat die Bahnen gebaut, ich habe mit ihnen gespielt. Und ich wollte ein Spiel entwickeln, dass dieses Modelleisenbahn-Gefühl transportiert, bei dem man selbst die Weichen stellen muss, bei dem man sieht, wie der Zug durch die Landschaft fährt. Ich denke, das spiegelt sich auch im Design wider, weil man kleine Entscheidungen treffen muss, wie man die Züge letztlich fahren lässt. Es ging mir darum, ein Spiel zu entwickeln, das meine Eltern spielen wollen und das ihnen eine ganz andere Erfahrung als alles andere auf dem Markt erhältliche ermöglichen würde.

 

Wann haben Sie mit der Entwicklung angefangen?

Mit Switch & Signal habe ich begonnen, als ich überhaupt anfing, mich mit Spiele-Entwicklung zu beschäftigen. So um 2012 fing ich an zu spielen. Und innerhalb des ersten Jahres bekam ich Lust darauf, meine eigenen Spiele zu entwickeln. An dem Konzept von Switch & Signal arbeite ich tatsächlich seit 2013. 2014 zog ich aus den USA nach Großbritannien, nach Cambridge. Dort kam ich mit einer Gruppe von etablierten Spieleautoren zusammen, von denen ich viel gelernt habe. In der Zeit bin ich als Autor wirklich gereift. Und in der Zeit hat sich auch Switch & Signal sehr positiv entwickelt. Wieder ein paar Jahre später war ich der Meinung, dass es jetzt reif ist und ich es Verlagen vorstellen kann. Das war 2016.

 

Warum war KOSMOS Ihre erste Wahl?

Als ich überlegte, welcher Verlag wirklich zur Philosophie des Spiels passt und wer in der Lage ist, es an das Publikum zu adressieren, das ich erreichen möchte, schien mir KOSMOS die richtige Wahl zu sein: Ich konnte mir vorstellen, dass sie die ursprüngliche Idee des Spiels erhalten, zudem wusste ich, dass sie auf wirklich hohem Niveau redaktionellen Feinschliff leisten. Und KOSMOS erreicht Familien.

 

Wie ist der Kontakt mit KOSMOS überhaupt zustande gekommen?

Ich hatte Wolfgang Lüdtke (Redakteur im KOSMOS-Team, Anmerkung der Redaktion) schon einige Male getroffen, eben weil ich Kontakt zu dieser Gruppe in Cambridge hatte. Irgendwann habe ich ihm Switch & Signal vorgestellt. Meine Idee, dass es sich ein bisschen wie Modelleisenbahn anfühlen soll, hat ihm sofort gefallen.

 

Wie sah dann der redaktionelle Feinschliff aus?

Michael Rieneck hat die Bearbeitung übernommen. Im Großen und Ganzen ist es noch immer mein Design, aber KOSMOS hat ein paar Dinge geändert, und zwar zum Guten. Zum Beispiel das Setting. Als ich Wolfgang das Spiel gezeigt habe, war es im US-Bundesstaat Georgia angesiedelt. Ganz einfach aus einem Grund: Dort komme ich her, dort kennen meine Eltern alle Orte, die auf dem Plan vorkamen. Aber wenn man das Spiel einem deutschen Verlag anbietet, ist Georgia sicherlich nicht der beste Wahl. Die Entscheidung für Europa und auf der anderen Seite Nordamerika finde ich gut.

 

Sie kommen eigentlich aus der Cosim-Ecke, oder?

Ich mag Spiele mit historischem Thema. Ich spiele zwar keine dieser sehr komplexen und extrem lange dauernden Kriegssimulationen, aber ich mag Spiele, die typische Eurogame-Mechanismen nutzen, aber ein historisches oder ein Kriegsthema haben. Nehmen wir zum Beispiel Martin Wallace, ich bin ein großer Fan seiner Spiele wie zum Beispiel A Few Acres of Snow. Das war einer der ersten Titel, die ich kennenglernt hatte, als ich anfing zu spielen. Und ich war begeistert. Das Spiel hat mich wirklich sehr beeinflusst. Von daher würde ich nicht sagen, dass ich aus der Conflict-Simulation-Ecke komme, wie man es traditionell versteht, sondern eher Spiele mit Kriegsthema und Eurogame-Mechanismen gemacht habe. Aber mein erstes Spiel war Armageddon, das bei Queen Games erschienen ist.

 

Wie lange haben Ihre Eltern benötigt, um die erste Partie zu gewinnen?

Nun, ich habe zwischen 2014 und 2018 nicht in den USA gelebt. Ich bin zwar mittlerweile dorthin zurückgekehrt, lebe aber sehr weit entfernt von meinen Eltern. Deswegen haben sie noch nie die fertige Version kennengelernt. Das letzte Mal, dass ich es mit ihnen gespielt habe, ist also sechs oder sieben Jahre her, in einer sehr frühen Prototypen-Phase.

 

Womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?

Ich bin Analyst beim US-Verteidigungsministerium, den meisten Teil der Zeit arbeite ich für die Air Force, allerdings als Zivilist. Als Spieleautor arbeite ich immer, bevor ich ins Büro gehe, ich stehe dafür früh auf. Ich möchte am Abend nämliche keine gemeinsame Zeit mit meiner Familie opfern.

 

Beeinflusst die Corona-Pandemie Ihre Arbeit als Spieleautor derzeit besonders?

Nein. Der Austausch mit Co-Autoren findet sowieso online statt. Mein Hauptpartner ist Trevor Benjamin, den ich in der Cambridge-Gruppe kennengelernt habe. Wir treffen uns zwei-, dreimal in der Woche über den Tabletop-Simulator und bei Skype. Von daher hat uns die Pandemie nicht weiter betroffen, weil wir alles genau so wie seit ein paar Jahren machen, seitdem ich in die USA zurückgekehrt bin. Dann arbeite ich noch an einigen Solo-Militärspielen, was ich sowieso allein mache. Und ich lasse noch einige Leute meine Spiele digital testen, aber dafür muss ich sie nicht treffen. Weil ich so arbeite, habe ich in den vergangenen Jahren auch keinen einzigen Prototypen mehr gebastelt. Das kann man sich vielleicht nur schwer vorstellen. Aber deswegen war ich sowieso auf digitales Entwickeln und Testen vorbereitet. Erst ganz zum Schluss benötige ich einen physischen Prototypen. Zum einen, um ihn Verlagen vorzustellen. Zum anderen, um festzustellen, ob das Handling auf dem Plan problemlos funktioniert. Aber die eigentliche Entwicklungsarbeit findet nicht mehr mit Materialien statt.