21.07.2024 - In Berlin wurden heute Abend die weltweit bedeutendsten Auszeichnungen für Gesellschaftsspiele verliehen. Maren Hoffmann, Sprecherin der Jury Spiel des Jahres, und Jurymitglied Manuel Fritsch moderierten die Zeremonie. Aus dem zurückliegenden Jahrgang wurden über alle drei Kategorien hinweg knapp 500 Spiele gesichtet, 22 % mehr als im Vorjahr.
Den Preis als Kinderspiel des Jahres holte Die magischen Schlüssel von Arno Steinwender und Markus Slawitscheck, erschienen im südkoreanischen Verlag Happy Baobab und beim Schweizer Partner Game Factory: Kinder ab sechs Jahren versuchen in diesem Würfelspiel, die richtigen Schlüssel zu finden, um damit Schatztruhen aufzusperren. Laut Johanna France von der Kinderspiel-Jury diene die Truhe als Eyecatcher, und das Umdrehen der Schlüssel sei ein faszinierender Moment für Kinder, die nebenbei das Abwägen lernten. Potenzieller Frust werde abgeschwächt, denn selbst bei Misserfolgen komme auch etwas Gutes heraus.
Die beiden Autoren erzählten, das Spiel sorge für Emotionen und sie hätten Hunderte von Schlüsseln und Truhen in mehreren Jahren experimentell "verheizt"; nach einem ersten Prototypen aus Papier habe man einen 3D-Drucker eingesetzt, wobei Steinwender (zu) früh Perfektionismus anstrebte und möglichst schönes Spielmaterial erstellen wollte. Slawitscheck sagte nach dem Gewinn, er sei "überwältigt" und dankte dem Verlag, dass dieser das Potenzial erkannt habe. An alle Autor/innen wandte sich Steinwender mit dem Appell, nie aufzugeben, denn jedes Jahr gebe es eine neue Preisverleihung. KJ Lee, Chefin von Happy Baobab, fügte schon bei der Nominierung hinzu, es sei ein toller Moment auch für die koreanische Spielebranche.
Ebenfalls für das Kinderspiel des Jahres nominiert waren Große kleine Edelsteine von Wolfgang Warsch (Verlag: Schmidt Spiele) sowie Taco Katze Pizza Junior von Dave Campbell und Thierry Denoual (Blue Orange Games).
Kinderspiel-Jurykoordinator Christoph Schlewinski stellte die Spiele der Empfehlungsliste vor (Die Nadel im Heuhaufen, Fluffy Valley, Lecker Lava). Schlewinski berichtete, manchmal wüssten Kinder gar nicht, wie man Karten halte oder würfle, er komme aber mit viel nagelneuem Material in Einrichtungen und begeistere sie mit seiner "rundlichen, mütterlichen Ausstrahlung" fürs Spielen. Er wünsche sich, dass mehr Erwachsene das Schöne an Kinderspielen entdeckten, wobei man sich an Looping Louie erinnerte, das in Erwachsenenrunden zum Trinkspiel mutierte. Weiter nutzte die Jury die Gelegenheit, auf das seit 2018 laufende Projekt Spielend für Toleranz hinzuweisen, das ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit setzen will: Rund 15 Gesellschaftsspiele sollen sprachneutral und mit einem leichten Einstieg alle Nationalitäten beim Spielen zusammenbringen. Bisher wurden ca. 250 Pakete gesponsert, deren Inhalt laufend aktualisiert wird. Auf der Bühne begrüßte man eine aus der Ukraine geflohene Familie, die davon erzählte, wie durch das Projekt in Rostock 80-Jährige mit Vierjährigen spielen könnten, egal wie es um ihre Deutschkenntnisse bestellt sei. Die Familie hofft, einmal wieder gemeinsam in ihrem Heimatland spielen zu können.
Als Kennerspiel des Jahres wurde e-Mission von Matt Leacock und Matteo Menapace prämiert, veröffentlicht bei Schmidt Spiele. In diesem kooperativen Titel schicken sich die Weltmächte gemeinsam an, die Klimakrise abzuwenden, etwa durch den Einsatz nachhaltiger Energiequellen oder die Umstellung der Ernährung. Für die Jury stellte Stephan Kessler das Spiel vor: Es sei ein thematisches Highlight mit ernstem Thema, lehre Kooperation und biete viele Freiheiten, ohne zu überfordern. Auch bei einem Fehlschlag habe der Titel einen hohen Wiederspielreiz. Wer möchte, kann über mitgelieferte QR-Codes mehr über tatsächliche Strategien zum Klimaschutz erfahren, man könne aber auch "nur" spielen.
Leacock und Menapace wollten nach eigener Aussage zwar eine Botschaft vermitteln, im Vordergrund sollte jedoch der Spielspaß stehen. Wenn die Zeit beim Spielen verfliege, verinnerlichten die Spielenden das Thema nebenbei. Von Klimaleugnern habe man nur genau eine negative E-Mail bekommen. Am schwierigsten sei es, ein Gleichgewicht zwischen Spielfreude und dem anspruchsvollen Thema zu finden. In der Entwicklung von Daybreak (so der internationale Name) habe man mit vielen Buchautor/innen gesprochen, die selbst begeisterte Spieler/innen seien. Es sei eine lange Reise mit einem (thematisch begründeten) dunklen Beginn gewesen, doch man habe sich durchgekämpft und auf dem Weg auch Hoffnung gefunden. e-Mission sende das Signal, dass auch Spiele einflussreich seien könnten, dass man zusammenkommen und auch Spiele spielen könne, die sich um große Probleme wie den Klimawandel drehten.
e-Mission setzte sich am Ende als Kennerspiel gegen die gleichfalls nominierten Wettbewerber Die Gilde der fahrenden Händler von Matthew Dunstan und Brett J. Gilbert (Verlag: Skellig Games / AEG) sowie Zug um Zug Legacy – Legenden des Westens von Rob Daviau, Matt Leacock und Alan R. Moon (Days of Wonder) durch. Auf die Empfehlungsliste schafften es Bier Pioniere, Botanicus, Mischwald und Ritual.
Den Hauptpreis als Spiel des Jahres räumte Sky Team von Luc Rémond ab, der nicht persönlich vor Ort war und sich per Video für die Nominierung bedankte. Der bei Scorpion Masqué und Kosmos erschienene Siegertitel schickt ein Pilotenduo auf die Reise: Zu zweit müssen sich Pilot und Copilot schon am Anfang so absprechen, dass sie ihr Passagierflugzeug steuern und heil wieder landen lassen, denn nach dem Start ist Kommunizieren verboten. Michaela Poignée von der Jury würdigte Sky Team für den potenziellen Nervenkitzel; die Spielenden müssten sich aufeinander "eingrooven" und hätten kribbelnde Finger, um es immer neu zu probieren. Schritt für Schritt biete die Idee neue Herausforderungen. Nach dem Gewinn schwärmten die anwesenden Kreativen und Verlagsvertreter auf die Bühne in Pilotenmützen und dankten allen Beteiligten. Redakteur Christian Sachseneder erzählte, am Anfang habe er wirklich schlecht gespielt, aber sein Gegenüber habe so einen kühlen Kopf bewahrt, dass die Maschine wieder in einem Stück auf den Boden gekommen sei.
Sky Team verwies damit die beiden anderen Nominierten, Auf den Wegen von Darwin von Grégory Grard und Matthieu Verdier (Verlag: Sorry We Are French) sowie Captain Flip von Paolo Mori und Remo Conzadori (PlayPunk) auf die Plätze. Die Empfehlungsliste besteht aus Ghost Writer, Harmonies, Passt nicht!, Schätz it if you can, Trekking - Reise durch die Zeit und Trio.
Details zu allen Gewinnern und empfohlenen Spielen finden sich hier, die zweistündige Preisverleihung auf Youtube in deutscher oder englischer Sprache.
_____
This evening, the world's most prestigious awards for board games were presented in Berlin. Maren Hoffmann, spokesperson for the Spiel des Jahres jury, and jury member Manuel Fritsch hosted the ceremony. Almost 500 games from the past year were examined across all three categories, 22% more than in the previous year.
The prize for Kinderspiel des Jahres (children's game of the year) went to Magic Keys by Arno Steinwender and Markus Slawitscheck, marketed by South Korean publisher Happy Baobab and Swiss partner Game Factory: in this dice game, children aged six and over try to find the right keys to unlock treasure chests. According to Johanna France from the children's game jury, the chest served as an eye-catcher, and turning the keys was a fascinating moment for children, who learned to weigh things up along the way. Potential frustration was mitigated, because even when things went wrong, something good came out of it.
The two authors said that the game was emotional and that they had experimentally “burned” hundreds of keys and chests over several years; after an initial paper prototype, they used a 3D printer, with Steinwender striving for perfectionism (too) early on and wanting to create the most beautiful material possible. After winning, Slawitscheck said he was “overwhelmed” and thanked the publisher for recognizing the potential. Steinwender appealed to all game designers to never give up, as there was a new award ceremony every year. KJ Lee, head of Happy Baobab, added at the nomination that it was a great moment for the Korean games industry as well.
Further nominees for Kinderspiel des Jahres were Große kleine Edelsteine by Wolfgang Warsch (publisher: Schmidt Spiele) and Taco Kitten Pizza by Dave Campbell and Thierry Denoual (Blue Orange Games).
Christoph Schlewinski, coordinator of the children's games jury, presented the games on the list of recommended titles (Die Nadel im Heuhaufen, Fluffy Valley, Lecker Lava). He reported that sometimes children didn't even know how to hold cards or roll dice, but that he came to institutions with lots of brand-new material and inspired them to play with his “chubby, motherly charisma”. He wished that more adults would discover the beauty of children's games, recalling Looping Louie, which mutated into a drinking game in adult groups. The jury also took the opportunity to draw attention to the Spielend für Toleranz project, which has been running since 2018 and aims to set an example against xenophobia: around 15 board games are designed to bring all nationalities together while playing in a language-neutral way and with low barriers of entry. So far, around 250 packages have been sponsored, the contents of which are constantly being updated. A family who had fled from Ukraine was welcomed on stage and told how the project in Rostock had enabled 80-year-olds to play with four-year-olds, regardless of their German language skills. The family hopes to eventually be able to play together again in their home country.
e-Mission by Matt Leacock and Matteo Menapace, published by Schmidt Spiele, was named Kennerspiel des Jahres for experienced players. In this cooperative title, the world powers set out together to avert the climate crisis, for example by using sustainable energy sources or changing our diet. Stephan Kessler presented the game on behalf of the jury: It was a thematic highlight with a serious topic, taught cooperation and offered a lot of freedom without being too demanding. Even if one failed, the title had a high replay appeal. Everyone can find out more about actual climate protection strategies using the QR codes provided by the game, but one can also “just” play.
According to Leacock and Menapace, they did want to convey a message, but the focus should be on having fun. As time passed while playing, players internalized the topic. The designers had only received one negative email from climate deniers. The most difficult thing was to find a balance between the joy of playing and the challenging topic. During the development of Daybreak (the international name), the designers had spoken to many book authors who were themselves enthusiastic gamers. It had been a long journey with a (due to the topic) dark start, but they had pushed through and found hope along the way. e-Mission sent the signal that games could also be powerful, that people could come together and play games that revolved around major problems such as climate change.
In the end, e-Mission came out on top as a connoisseur game against the equally nominated competitors The Guild of Merchant Explorers by Matthew Dunstan and Brett J. Gilbert (publisher: Skellig Games / AEG) and Ticket to Ride Legacy: Legends of the West by Rob Daviau, Matt Leacock and Alan R. Moon (Days of Wonder). Bier Pioniere, Botanicus, Forest Shuffle and Ritual made it onto the list of recommendations.
The main prize for Spiel des Jahres went to Sky Team by Luc Rémond, who was not present in person and thanked the jury for the nomination via video. The winning title, published by Scorpion Masqué and Kosmos, sends a pilot duo on a journey: In pairs, the pilot and co-pilot have to coordinate their actions right from the start so that they can steer their passenger plane and land it again safely, as communication is forbidden after take-off. Michaela Poignée from the jury praised Sky Team for the potential thrill; the players had to “get into the groove” with each other, trying again and again with tingling fingers. Step by step, the idea offered new challenges. After the win, the creatives and publishing representatives took to the stage in pilot caps and thanked everyone involved. Editor Christian Sachseneder said that he had played really badly at the beginning, but his counterpart kept such a cool head that the machine came back down to earth in one piece.
Sky Team beat the other two nominees, Darwin's Journey by Grégory Grard and Matthieu Verdier (publisher: Sorry We Are French) as well as Captain Flip by Paolo Mori and Remo Conzadori (PlayPunk). The recommended list consists of Phantom Ink, Harmonies, Passt nicht!, Schätz it if you can, Trekking through History and Trio.
Details of all the winners and recommended games can be found here, the two-hour awards ceremony can be viewed on YouTube in German or English.