30.11.2021 – Dass Spielen auch ein göttlicher Funke innewohnt, mit diesem charmanten Gedanken spielt der Titel einer neuen Ausstellung im Residenzschloss Altenburg: „Am Anfang war das Spiel. Brettspiele – Geschichte und Gesellschaft spielend entdecken“. Und von diesem Anfang bis ins Heute wird die Geschichte des Gesellschaftsspiels anhand von 50 Exponaten nacherzählt. Die Ausstellung läuft bis zum 6. März.

 

Die Besucher begeben sich im Residenzschloss tatsächlich auf eine kleine Zeitreise, die vor rund 5000 Jahren, chronologisch sauber erzählt, beginnt. „Wir zeigen, wo das Spiel herkommt“, sagt Toni Janosch Krause, Kurator der Schau und Mitglied des Projektes Board Game Historian, das genau wie das Berliner Institut für Ludologie als Kooperationspartner in Altenburg auftritt. Das altägyptische Spiel Senet und das mesopotamische Königliche Spiel von Ur werden dafür gezeigt. Natürlich nur als Repliken – wer die Originale angucken möchte, muss nach London reisen und das British Museum besuchen. „An diesen Exponaten können wir zeigen, welchen Einfluss diese Spiele auf das europäische Spiel hatten“, erzählt Krause.

 

Um die Besucher mit Altbekanntem einzufangen, dürfen auch Monopoly und Mensch ärgere Dich nicht nicht fehlen. Zumal auch sie eine spannende Geschichte erzählen. Monopoly, weil es einst als antikapitalistisches Spiel entwickelt wurde. Mensch ärgere Dich nicht, weil es seine Wurzeln in dem sehr alten indischen Spiel Parcheesi hat, in dem der Kreislauf des Lebens nachempfunden wird und es das Ziel ist, seine Figuren ins Paradies zu bringen. „Damit schlagen wir auch den Bogen zum modernen Autorenspiel. Zudem gibt es auch einen Schwerpunkt, wie Geschichts- und Gesellschaftsbilder in Spielen verhandelt werden“, sagt Krause. Dabei geht es zum Beispiel um das aktuelle Kennerspiel des Jahres Paleo, es wird aber auch ein Spielkartenblatt gezeigt, das mit den klassischen Motiven bricht und eine bunte Gesellschaft aus Bube-Dame-Königin zeigt. „Brettspiele werden immer noch vor allem als Kinderspiele deklariert, aber dem ist nicht so“, erklärt Lukas Boch, einer der Gründer von Board Game Historian. „Spiele sind als Quelle ein genau so relevantes Medium wie Filme oder Romane.“

 

In weiteren Abschnitten beschäftigt sich die Ausstellung – passend zur Jahreszeit – mit den Themen Winter und Weihnachtsfest, aber es wird auch ein Blick auf digitale Umsetzung beliebter Brettspiele geworfen, da schließt sich der Kreis zu den ältesten Exponaten. Und es gibt auch einen Altenburger Bezug: Der österreichische Illustrator Klemens Franz hat sein Archiv geöffnet, um zu zeigen, wie vor rund 15 Jahren das Spiel Agricola von Autor Uwe Rosenberg entstand und quasi ein Gesicht bekam. Agricola erscheint im Verlag Lookout Spiele und wird in Altenburg produziert. Die Schau biete aber nicht nur für Gelegenheitsspieler viel Interessantes, sondern möchte auch Vielspieler abholen. „Für diese Zielgruppe haben wir auch einige schöne Easter Eggs in der Ausstellung versteckt.“

 

„Am Anfang war das Spiel“ schlägt in Altenburg insgesamt ein neues Ausstellungskapitel auf, denn zu der bereits rund 25.000 Exponate umfassenden Sammlung von Kartenspielen sind in den vergangenen Jahren noch einmal weitere rund 42.000 Spiele hinzugekommen. 30.000 davon stammen aus der Sammlung de Cassan aus Wien, die Dagmar de Cassan nach dem Tod ihres Mannes Ferdinand dem Institut für Ludologie um Professor Jens Junge übergeben hat. Sein Institut wiederum hat weitere 12.000 Titel beigesteuert. Ein Grundstock, mit dem nun sukzessive Ausstellungen kuratiert werden sollen.

 

Professor Junge denkt indes sogar noch etwas weiter. „Im Koalitionsvertrag der Ampel ist auf Seite 123 festgehalten, dass auch Brettspiele in die Sammlung der Nationalbibliothek aufgenommen werden sollen.“ Gut, im Vertrag ist es zwar etwas laxer formuliert, dort heißt es nämlich: „Analoge Spiele sollen im Sammelkatalog der Deutschen Nationalbibliothek benannt werden können.“ Aber Junges Idee ist klar: Es müsse keine neue Sammlung aufgebaut werden, man könne einfach Altenburg als Sammlungsstandort definieren. Zumal es bei vielen Verlagen schon gelebte Praxis sei, Neuerscheinungen in die Altenburger Sammlung zu schicken, wie Krause erzählt.

 

Öffnungszeiten und die aktuellen Corona-Auflagen im Residenzschloss Altenburg sind auf der Homepage des Museums zu finden.

(Fotos: KAG Altenburger Museen/Residenzschloss Altenburg; Lukas Boch (Board Game Historian))